Silja Yvette
Metaphysics of Core Matter
Ausstellung als Teil des EMOP Berlin 2023
Auguststr. 83, 10117 Berlin, 3.-31. März 2023
Ein Abbild der zeitgenössischen Realität des schnelllebigen Lebens. Ein Fenster in den Wirbelwind unserer Zeit. Ein Nachdenken über die Prioritäten unserer Gesellschaft. Eine Reflexion über unseren Konflikt, die eigenen Ambitionen mit unseren Werten in Einklang zu bringen. Eine Manifestation des rasanten Fortschritts. Eine Darstellung unseres Einflusses auf die Welt. Ein Zeugnis für unser Verhältnis zur Umwelt. Ein Baukasten der Moderne als Symbol für den menschlichen Geist, der unser unermüdliches Streben nach Wissen, Innovation und Fortschritt in den komplexen Zusammenhängen unserer Zeit widerspiegelt.
Im Rahmen eines Pop-up-Galeriekonzepts und als Partnerinstitution des European Month of Photography Berlin (EMOP) 2023, kuratierte ich ausgewählte Arbeiten aus Silja Yvettes Serie Metaphysics of Core Matter in einer Ausstellung in Berlin Mitte.
Metaphysics of Core Matter ist eine Grundlagenbefragung zeitgenössischer Materialien an der Schnittstelle von Kunst, Forschung und Industrie. Die Künstlerin Silja Yvette untersucht Verpackungskörper in ihrer für die Umwelt problematischen Dimension und Expansion. Im gesellschaftlichen Kontext sind Verpackungskörper als Archetypen des Konsums zu verstehen - Massenartikel aus Schaumstoff, Styropor, Aluminium, die im Moment Ihrer Bestimmung bereits wertlos sind. Diese alltäglich schnell ent-sorgten Materialien, werden von Silja Yvette um-sorgt, auf den symbolischen Sockel gehoben. Ihnen wird ein neuer Wert zugeschrieben mit einem Verweis auf das, wofür sie eigentlich stehen: ein Abbild der zeitgenössischen Wirklichkeit des beschleunigten Lebens. Ein Baukasten der Moderne.
Mit einer sinnlichen Ästhetik und ikonisierenden Inszenierung, die das Fremde im Vertrauten provoziert, fordert Silja Yvette die Betrachter:innen ihrer Arbeiten auf, näher mit deren Motiven in Kontakt zu treten. So führt das Fremde im Gewohnten zu einer Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen in einer außer-ordentlichen Dimension von Wahrnehmung und Widerfarnis zugleich, einem be-rührt werden als Anstoß von Reflexionen zu Nachhaltigkeit und Empfindungen zu unserer Erde, Welt und unserem eigenen Handeln.
Kontrastierend zu den Bildmotiven ist Silja Yvettes Serie nach-
haltig produziert und bindet vor allem biobasierte und recycelte
Materialien ein. Dieser Ansatz ist ungewöhnlich für die Branche
der Fotografie; Fotoproduktion und -präsentation haben häufig
negative ökologische Folgen.
Mit ihrem künstlerischen Blick auf die Industrie stellt Silja Yvette
die herkömmlichen Kategorien von Mythos und Fortschritt in Fra-
ge. Sie erkundet die Schnittmenge von Tradition und Innovation,
Zeitlosigkeit und Zeitlichkeit sowie Poesie und Pragmatismus, regt
zum Nachdenken über die Bedeutungen hinter diesen Kategorien
an und belebt den sie umgebenden Diskurs. Zugleich verschiebt
ihre konzeptuelle Herangehensweise die Grenzen der philosophi-
schen Implikationen des technologischen und kulturellen Wandels.
Silja Yvette lebt und arbeitet in Berlin. Sie schloss 2011 ihr Stu-
dium an der Hochschule für Bildende Künste an der Städelschule
in Frankfurt am Main ab und studierte zusätzlich bis 2010 Archi-
tektur und bis 2018 Philosophie. Seit 2006 stellt sie ihre Arbeiten
in Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland, seit 2011 im
europäischen Ausland und 2016 in Peking aus. Sie erhielt zahl-
reiche Auszeichnungen und Preise, darunter 2019 den Deutschen
Fotobuchpreis für ihr Werk Collective Creatures , Stuttgart. 2019
wurde sie für den Edward Steichen Award, Luxembourg, nomi-
niert und 2022 für den Kunstpreis des Haus am Kleistpark, Berlin.
Für das Jahr 2023 erhielt sie ein Stipendium im Rahmen des Gold-
rausch-Projekts für Künstlerinnen, Berlin. Für ihre Abschlussausstellung verfasste ich einen Essay mit dem Titel Nudging Path to Novelty: Uncovering the Unknown für ihren Künstlerkatalog (nur auf Englisch erhältlich). Wenn Sie Interesse am Katalog und/oder an Werken von Silja Yvette haben, melden Sie sich gerne bei mir.